Die Organisation oder der Besuch von Veranstaltungen, auf denen Sie Ihre Botschaft und Ihre Kandidatur in einer Rede und direkten Gesprächen präsentieren können, ist ein klassisches Instrument des Wahlkampfs.

Das Ziel einer Tour durch Ihren Wahlkreis ist es, sich so vielen Menschen wie möglich in kurzer Zeit vorzsustellen. Besuchen Sie Gemeinde und Ortschaften, in denen es wenig öffentliche Aktivität gibt und man davon ausgehen kann, dass sich dort kaum andere Gelegenheiten für öffentliche Auftritte bieten. Gerade wenn Sie als Kandidat noch nicht bekannt sind und deshalb noch nicht zu vielen Veranstaltungen eingeladen werden, haben Sie mit einer Wahlkampftour ein probates Mittel, um sich bekannter zu machen. Wählen Sie dabei Orte, die Ihre politischen Anliegen und Ihr Programm beispielhalft zeigen:

Eine Wahlkampftour planen und gestalten Sie und Ihre Helfer selbst. Ein gelungenes Beispiel finden Sie hier:

Die Tour de Koeniz, die Annemarie Berlinger-Staub (SP) als Kandidatin für das Amt der Gemeindepräsidentin unternommen hat, zeigt beispielhalft eine Auswahl an möglichen Tourstationen. Hier fällt vor allem die Konzentration auf sozialpolitische Fragen auf. Besuche einer Kita, eines Kinderheims, einer lokalen Firma und einer populären Kulturveranstaltung gehören zum Programm:
https://www.berlinger-staub.ch/tour-de-koeniz

Weitere Ideen für Tourveranstaltungen sind:

  • Wahlkampf-Bus
  • Velotour
  • Wanderung

Sich für diesen Teil Ihrer Kampange professionelle Unterstützung zu holen ist immer eine gute Idee. Ein Spin Doctor – oder Wahlkampftrainer – kann Ihnen nicht nur die richtigen Veranstaltungen empfehlen und sie mit organisieren, er wird Sie auch rethorisch schulen und mit Ihnen Ihre Reden vorbereiten. Generell sollten Sie hier wie folgt vorgehen:

Identifizieren Sie „gute Orte“ für ihre Kampagne:

Suchen Sie Orte und bestehende Veranstaltungen in Ihrem Wahlkreis, die zu Ihrer Botschaft passen oder deren Publikum für Sie von besonderem Interesse ist. Dabei helfen folgende Fragen:

  • Welche der grossen Firmen in Ihrem Wahlkreis kennen Sie und können bei Ihnen anfragen, ob innerhalb einer Betriebsversammlung eine kurze Rede möglich wäre – oder ob Sie mit Begleitung von Journalisten den Betrieb besuchen und eine Führung erhalten können.
  • Wo treffen die Menschen zusammen? Bestehende Veranstaltungen wie Dorffeste und Konzerte können eine gute Platform für eine Rede sein. Fragen Sie die Veranstalter an! Achten Sie hier darauf, dass die gewählte Veranstaltung programmatisch keine Gegensätze zu Ihrer politischen Agenda aufweisen. Dorffeste, jährliche Feste der Freiwilligen Feuerwehr, Karnevalsveranstaltungen (Chance auf eine lustige!! Rede, die Sie sympatisch macht), lokale Feiern, Jubiläen von Orten oder Organisationen, viele Formate bieten bei richtig kalkuliertem Ton einer Rede gute Möglichkeiten, sich zu profilieren. Nutzen Sie dabei auch die Feste, die Ihnen persönlich Freude machen oder die Sie privat besuchen.
  • Wer teilt meine politischen Ansichten abseits der Partei? Demos, Initiativen, Vereine, die Ihrer Politik offen gegenüberstehen, sollten Sie in jedem Fall besuchen und sich als Redner positionieren. Halten Sie dort vor allem weniger allgemeine Reden, sondern fokussieren Sie sich die jeweilig dort vorhandenen Themen.

Organisation im Vorfeld

Wenn Sie die wichtigen Firmen, Feste und Veranstaltungen identifiziert haben, lassen Sie diese von Ihrem Wahlkampfteam anfragen. Orte, zu denen Sie schon persönliche Kontakte haben, kontaktieren Sie persönlich.

Darüber hinaus sollten Sie einen Ort für gesetzte eigene Veranstaltungen wie die Verkündung Ihrer Kandidatur suchen und diese um eine Kosteneinschätzung bitten, falls Sie die Location mieten möchten. Suchen Sie am besten Orte mit bestehender Bewirtung. (Verhandeln Sie dabei wenn möglich um die Höhe des Festpreises, indem Sie darauf hinweisen, dass Sie ein grosses Publikum bringen, das viel konsumiert.)

Verschicken Sie Einladungen im Kampagnendesign, versehen Sie diese mit einem Ihrer Wahlkampf-Flyer. Personen, die Sie persönlich kennen, sollten auch eine persönliche Einladung von Ihnen erhalten.

Verbreiten Sie Ihre Veranstaltung, indem Sie ein „Event“ auf Facebook einstellen, laden Sie alle Ihre Kontakte ein und lassen Sie Ihre Freunde und Helfer dasselbe tun – spätestens 4 Wochen vor der Veranstaltung.

Machen Sie eine Begehung des Raums und üben Sie Ihre Rede dort einmal, wenn möglich. Bringen Sie dazu einige aus Ihrem Team mit und Ihren Wahlkampfberater. Hören Sie auf die Tipps, die diese Ihnen geben! Um dabei auf viele Zielgruppen positiv zu wirken, müssen Sie Ihren rhetorischen Stil und Ihre Sprache je nach Veranstaltung anpassen. Wenn Sie eine Initiative für biologische Landwirtschaft besuchen, dann sprechen Sie vor allem über dieses Thema, können sich jedoch gut in einigen Sätzen zuerst vorstellen. Schaffen Sie Nähe und Sympathie, indem Sie Sätze wie „Ich kann Sie verstehen…“ „Auch mir ist es ein wichtiges Anliegen, weil…“ verwenden – ohne sich dabei zu verstellen.

Beachten Sie genrell die gesonderten Hinweise zu Rhetorik und Sprache in unserem Ratgeber zu Podiumsdiskussionen und Rhetorik.

Informieren Sie die lokalen Medien

Zum Auftakt Ihrer Tour informieren Sie die lokalen Medien. Geben Sie hierzu eine Pressemeldung mit allen Daten und einer Beschreibung aller Stationen der Tour heraus. Stellen Sie die Stationen vor, erklären Sie, warum Ihnen die Besuche der einzelnen Organisationen / Veranstaltungen besonders am Herzen liegen. So zum Beispiel:

„Als Kandidat für… liegt mir die Schaffung neuer Betreuungsplätze für Kinder besonders am Herzen. Innerhalb meiner Wahlkampftour besuche ich unter anderem die Kita_____ und freue mich auf anregende Gespräche und Vorschläge der Mitarbeiter!“

Ziel der Presseaktivität ist es, zu jeder Station einen Artikel in lokalen Medien zu generieren. Dazu schreiben Sie gern auch noch einmal gesondert, 2-3 Tage vor jeder Veranstaltung, wichtige Medien an und laden Sie ein, an Ihrer Veranstaltung teilzunehmen.

Organisation der Veranstaltung

Hier brauchen Sie Ihre Helfer. Bitten Sie diese, die Veranstaltung mit Ihnen zu organisieren!

  • Besuch von Firmen/ Institutionen / Veranstaltungen
  • Wahlkampf-Bus mit Haltestationen, wo ein Infostand aufgestellt wird
  • Velotour mit Anhängern oder einem lokalen Sportverein
  • Wanderung mit Anhängern / Wandergruppen / Vereinen / gesellschaftlichen Gruppen wie Geflüchteten oder einer bestimmten Industrie (bspw. Winzerverband oder landwirtschaftlichen Verbänden?)
  • Auftritt bei einer kulturellen Veranstaltung in der Region

Um die Events spannend zu machen, sollte versucht werden einen spannenden Rahmen um den Etappenziel-Anlass zu gestalten. Der Endpunkt einer Velotour beispielsweise kann ein Apero mit den Teilnehmern und lokalen Wählern an einem zentralen, attraktiven Ort sein.

Beispiel: Etappenziel-Veranstaltung in einem lokalen, sozial engagierten Unternehmen, angekündigt auf der Website von Annemarie Berlinger-Staub: Etappe 4 – Drahtesel“

Der Drahtesel im Liebefeld – das ist weit mehr als nur Velos! Eindrücklich und fröhlich – so war die Etappe 4 der Tour de Köniz. Es drehte sich zwar vieles ums Velo – doch es war deutlich spürbar: im Zentrum dieses Unternehmens steht der Mensch. Menschen ohne Erwerbsarbeit oder Menschen, die aufgrund ihrer momentanen Lebenssituation keine oder geringe Chancen haben, eine Lehrstelle zu finden.

Mehr Infos unter www.könizkannmehr.ch

Fragen Sie die Geschäftsinhaber um eine öffentliche Diskusssion zu ihrer Unternehmung an. Wenn diese positiv über ihr Engagement erzählen, „färbt“ dies auf Sie und Ihre Kampagne ab.

Beispiel: Pop-Up Stand mit Bus auf einem Dorfplatz

«Wir sprechen mit den Menschen, nicht über sie» – so lautet das Leitmotiv der SP für den Wahlkampf. Zum Auftakt lud die Partei Passantinnen und Passanten dazu ein, auf dem Berner Waisenhausplatz Kaffee zu trinken und der Januarkälte zu trotzen.

Auch die anschliessende Medienkonferenz hielt die SP im Freien ab. Die Aktion symbolisiere die geplante Kampagne, sagte Parteipräsident Christian Levrat: «Nahe bei den Menschen.»

(Bericht in der Aargauer Zeitung 22.01.2019)

Holen Sie die Genehmigung der Gemeinde ein, dann kann es losgehen:

  • Kündigen Sie die Haltestationen und Stände mit Plakaten am Ort an. Lassen Sie Ihre Helfer etwa 4 Wochen vor der Veranstaltung Plakate anbringen.
  • Sprechen Sie lokale Restaurants / Vereine an, um für das leibliche Wohl zu sorgen. Können diese einen Grillstand / Getränkestand beisteuern?
  • Haben Sie Ihren eigenen Stand bereits gestaltet?
  • Schreiben Sie die Lokalpresse an, schicken Sie eine Pressemeldung etwa 2-4 Wochen vor der Veranstaltung.
Generelle Tipps:
  • Halten Sie genügend gedruckte Information und Werbematerial bereit. Flyer, Postkarten, Anstecker, Fahnen, alles ist gut. Wenn Sie jetzt beispielsweise einen Aufkleber mit einem amüsanten Spruch anbieten, könnten einige Wähler diesen auf ihre Autos kleben – das ist kostenlose Streuwerbung für Sie!
  • Lassen Sie Fotos machen! Diese sind ein wesentlicher Teil der Präsentation Ihrer Kampagne online und in lokalen Medien. Falls kein Artikel in einer Lokalzeitung erscheint oder keine Pressevertreter vor Ort sind, können Sie diese auch im Nachfeld mit Fotos und einem Text beschicken. (Manchmal sind Journalisten durchaus froh, wenn man ihnen Arbeit abnimmt.)
  • Bereiten Sie Ihre Rede vor und besprechen Sie diese mit Ihrem Team.
  • Möchten Sie, dass jemand Sie vorstellt? Sprechen Sie die Personen an und bitten Sie sie um eine kurze Einstimmung und Vorstellung zu Beginn der Veranstaltung.
  • Gibt es vielleicht einen Musikbeitrag, der für diesen Abend passend wäre?

Nachlese

  • Treffen Sie Ihr Team am nächsten Tag zu einer offenen Manöverkritik. Lernen Sie gemeinsam aus Fehlern, nehmen Sie diese nicht zu schwer.
  • Gehen Sie Ihre Rede noch einmal durch und überlegen Sie für sich, an welchen Stellen Sie die Reaktionen, die Sie erwartet haben, bekommen haben oder nicht. Was können Sie noch verbessern?
  • schreiben Sie wichtige Kontakte des Abends in Ihrem Kontaktheft auf, notieren Sie sich auf Visitenkarten, die Ihnen zugesteckt wurden, was Sie über die neue Bekanntschaft im Gedächnis behalten wollen.

Beispiel für die Angaben in einem Kontaktheft:
Name, Email, Telefon, Notiz, Funktion / Relevanz